SSBL Jubiläums-Beilage 2021
Daniel Schriber Wenn die Bewohnerinnen und Bewoh- ner der SSBL in Rathausen bisher An- gehörige, Freundinnen und Freunde begrüssten, beschränkte sich der ge- meinsame Zeitvertreib ausserhalb der Wohngruppen oft auf einen Spazier- gang oder den Besuch im öffentlichen Café. Damit ist nunSchluss: SeitAnfang November ist Rathausen nämlich gleichummehrereAttraktionen reicher. In den letzten Monaten entstand auf einem Gelände von rund 2000 Quad- ratmetern ein neuer Park, wo früher Wohncontainer als Zwischenlösung für die Wohnraumknappheit standen. Neben grosszügigen Grünflächen, einer Pergola mit Schattenplätzen sowie durchgängig rollstuhlgängigen Wegen stehen im Park ein mit Roll- stühlen befahrbares Wasserbecken, ein Karussell für Menschen im Roll- stuhl, ein Barfussweg und Bewe- gungsgeräte sowie mehrere begeh- und befahrbare Gehege mit Klein- tieren. Die Projektkosten von rund 600 000 Franken konnten dank Spenden vollständig gedeckt werden (siehe Kasten rechts). 7 Inklusion und Sozialraumorientierung als Schwerpunkte der SSBL Rückblick: Bei einem Besuch in Rathausen imVorfeld dieses Beitrags sind die Bauarbeiten für das neue Projekt noch in vollem Gange. Der Kran, der über das Gelände ragt, ist von weither zu sehen, und auch vor Ort auf der Baustelle herrscht emsi- ges Treiben. Rosmarie Bätscher, Reto Kronenberg und Josef Waser verfol- gen das Geschehen mit Neugier. Obwohl noch nicht viel von dem neuen Park zu sehen ist, sind die drei SSBL-Bewohnenden erwartungsfroh. «Der Park gibt uns mehr Möglichkei- ten bei der Freizeitgestaltung», freut sich Josef «Joe» Waser. Der 56-Jäh- rige ist schon seit 13 Jahren in Rathau- sen und kann es kaum erwarten, den neuen Park mit seinemRollstuhl «von vorne bis hinten» zu entdecken. Bewegung unter freiem Himmel Genau das war auch die Idee der Pro- jektleitung: Der Park soll den Bewoh- nerinnen und Bewohnern die Möglch- keit bieten, sich in der Freizeit vor allem draussen körperlich zu betäti- gen. «Durch das spielerische Trainie- ren von Koordination und Kondition werden unterschiedliche Wahrneh- mungserfahrungen unterstützt», er- klärt René Petrak, Teamleiter einer Wohngruppe. Die neuen Angebote hätten damit einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und die Bewe- gungskompetenzen der Klientinnen und Klienten. Darüber hinaus ermög- lichen die Freizeitangebote eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung. Neben den rund 180Menschenmit Behinderungen, die in Rathausen le- ben, sollen vom neuen Park auch SSBL-Klientinnen und Klienten von an- deren Standorten sowie Besucherin- nen und Besucher des historischen Weilers profitieren. «Die Begegnung zwischen Menschen mit und ohne Be- hinderung ist seit jeher ein Ziel der SSBL. Dank des neuen Parkangebotes wird die Qualität der sozialen Kontak- te unter allen Beteiligten gesteigert. Wir nennen dies Inklusion vor Ort», so René Petrak. Davon profitieren wird auch der 56-jährige Reto Kronenberg, ebenfalls ein langjähriger Bewohner. Er freut sich auf neue Begegnungen mit Gästen, die von ausserhalb nach Rathausen kommen. «Besonders ge- spannt bin ich zudem auf das Karus- sell!», so Kronenberg. Wichtige Beiträge für eine höhere Lebensqualität Projekte wie die neue Parkanlage in Rathausen sind nur dank der grosszügigen Unterstützung von Spenderinnen und Spendern, Sponsorinnen und Sponsoren, Gönnerinnen und Gönnern mög- lich. Ihre Beiträge kommen Akti- vitäten und Projekten zugute, die von der direkten Kostenübernah- me der staatlichen Gesundheits- und Sozialwerke nicht oder nicht vollständig gedeckt werden. «Zahlreiche Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen leisten Jahr für Jahr wesentliche Beiträge, damit die SSBL die Angebote für die Bewohnerinnen und Bewohner stetig ver- bessern kann», so Sidonie Spörri, Fachspezialistin Fundraising der SSBL. Im Zusammenhang mit der neuen Parkanlage konnte die SSBL insbesondere auf die Unterstützung der Albert Koechlin Stiftung AKS zählen. Diese hat mehrere Massnahmen in Rathausen unterstützt, die ökologische Nischen und Habitate für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten schaffen. Die AKS ist überzeugt, dass eine naturnahe Umgebung auch den Bewohnerinnen und Bewohnern einen Mehr- wert bietet und die Lebensqualität erhöht. «Ohne den grosszügigen Beitrag der AKS wäre das Projekt so nicht realisierbar gewesen», be- tont SSBL-Geschäftsführer Pius Bernet. Spendenkonto zugunsten der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL, Rathausen 2, 6032 Emmen, IBAN CH61 0900 0000 6002 2224 Stefan Duner geniesst an der Eröffnung vom 6. November 2021 die Fahrt durch das neue Wasserbecken. Sozialraumorientierung | «Z’mitts drin» beimWort genommen SSBL gestaltet Lebensräume Daniel Schriber «Wir gestalten Lebensraum für Men- schen mit Behinderung und schaffen Räume, in denen sie ihre persönlichen Möglichkeiten leben und entwickeln können.» Mit diesem Satz, der promi- nent auf der Website der SSBL abge- bildet ist, lassen sich die Ziele der Stif- tung für Schwerbehinderte Luzern SSBL in aller Kürze zusammenfassen. Aber der Satz spricht mehr an als die professionelle Begleitung und Unter- stützung in den Wohngruppen und Ateliers, er ist mehr als eine Binnenper- spektive. Der Blick der SSBL geht auch nach «draussen», an die Orte und in die Gemeinden, wo man Kontakte knüpfen und Kontakte pflegen kann. «Sozialraumorientierung» gewinnt an Bedeutung. Der Fachbegriff steht für ein ganzheitliches Konzept, das in verschiedensten Bereichen der sozia- len Arbeit zum Einsatz kommt. Er be- tont das Zugehen auf die Quartier- und Dorfgemeinschaft, auf Vereine und Betriebe, fokussiert ein «Leben in Nachbarschaften». So wie es das Leit- motiv der SSBL zum Ausdruck bringt, wenn man es beim Wort nimmt: «Z’mitts drin». «Wir versuchen diese Devise täglich zu leben – und zwar über alle Standorte, Bereiche und Auf- gaben hinweg», unterstreicht SSBL- Geschäftsführer Pius Bernet. Stärken aktivieren und fördern Der entscheidende Punkt bei der So- zialraumorientierung: Es geht nicht darum, den Menschen zu ändern, son- dern Möglichkeiten zu schaffen, dass dieser seinen Fähigkeiten und Bedürf- nissen entsprechend handeln kann. «In Bezug auf die SSBL bedeutet dies, dass die Interessen und Bedürfnisse der Menschen mit einer Behinderung stets im Zentrum unseres Handelns stehen», erklärt Pius Bernet. So sollen beispielsweise, wenn im- mermöglich, die Stärken der einzelnen Menschen aktiviert und gefördert wer- den. Es gilt also, die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Tagesbe- schäftigten gezielt und aktiv in die Ge- staltung ihres Alltags einzubeziehen und sich nach deren Entscheidungen zu richten. Denn eine gute Lebensqua- lität hängt auch von der Umsetzung ei- gener Selbstbestimmungsrechte ab: von Wahlfreiheiten und individueller Einflussnahme auf den Tagesablauf. Eine tragende Rolle spielen hierbei die rund 860 Mitarbeitenden der SSBL an den elf Standorten im ganzen Kanton Luzern. Nur wenn sie die richtige Ba- lance zwischenBetreuung, Begleitung und Aktivierung finden, funktioniert die Sozialraumorientierung und Selbst- bestimmung kann Platz greifen. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie in ver- schiedenen Beiträgen, welche Bedeutung die Orientierung am Sozialraum in der SSBL konkret hat, welche Herausforderungen da- mit verbunden sind – und in welchen Berei- chen dieser Gedanke besonders intensiv ge- lebt wird. Hergiswil Wolhusen Schüpfheim Luzern-Allmend Luzern-Littau Emmen-Rathausen Buchrain Hitzkirch Reiden Knutwil Pfa nau Contenti: Mittendrin im «Himmelrich» Als gutes Beispiel für eine erfolgreiche Sozialraumorientierung dient die Stiftung Contenti. Ende 2019 zog die Institution, die Arbeits- und Wohnplätze für Menschen mit einer körperlichen und mehrfachen Behinderung anbietet, in die neu erstellte Siedlung Himmelrich in der Neustadt der Stadt Luzern. In Zusammenarbeit mit der Allge- meinen Wohnbaugenossenschaft Luzern konnte Contenti bei der Entwicklung von vier Clusterwohnungen mitwirken. Dabei handelt sich um eine Kombination aus Kleinwohnung und Wohngemein- schaft, welche die Bedürfnisse nach Individualität und Gemeinschaft optimal vereint. «Mit seinen baulichen Möglichkeiten eines optimier- ten Grundrisses, einer angemessenen Ausstattung und den vielfäl- tigen Begegnungsmöglichkeiten des genossenschaftlichen Zusam- menlebens stellt das Projekt Himmelrich ein Glücksfall für uns dar», schreibt die Stiftung Contenti in ihrem Magazin «b-post». Bei der SSBL stehen die Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Menschen im Fokus. Dafür setzt die Stiftung auf eine ganz bestimmte Strategie. Rathausen | Die neue Parkanlage ist eröffnet. Hinein ins nasse Vergnügen! Vom befahrbaren Wasserbecken bis zum rollstuhlgängigen Karussell: Die neue Parkanlage in Rathausen bietet viele Bewegungsmöglichkeiten und attraktive Kleintierstallungen. René Petrak besichtigt die Bau- stelle mit Rosmarie Bätscher, Reto Kronenberg und Josef Waser. Bild: Corinne Glanzmann Bild: Jutta Vogel Grafik: SSBL Heilpädagogisches Kinderhaus Weidmatt Wohnplätze Tagesplätze und/oder Ateliers Hauptsitz mit sieben Wohnhäusern, Tagesplätzen und Ateliers gemeinsames Angebot mit der Stiftung Brändi Heilpädagogisches Kinderhaus Weidmatt Wohnplätze Tagesplätze und/oder Ateliers Hauptsitz mit sieben Wohnhäusern, Tagesplätzen und Ateliers gemeinsames Angebot mit der Stiftung Brändi Standorte der SSBL im Kanton Luzern
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